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Stress, Depression & Achtsamkeit

Stellen Sie sich folgendes Szenario vor: In Zukunft lassen wir Menschen uns nicht nur auf Bluthochdruck testen, um durch spezielle Ernährung, Bewegung und gegebenenfalls Medikamente einen Herzinfarkt zu verhindern, sondern wenden dieselbe Logik dafür an, um in einem biochemischen Screening herauszufinden, ob wir eher anfällig für die Ausprägung einer Depression sind. Bei einem positiven Testergebnis nimmt der Betroffene dann beispielsweise an einem Achtsamkeitstraining teil oder lernt im Coaching mit seinen Stressmustern effektiv umzugehen. Ergebnis: Weniger Menschen erkranken an einer Depression, sondern handeln präventiv.

 

Gesellschaftlich sind wir von diesem Vorgehen noch weit entfernt, die Forschung hat in dieser Hinsicht allerdings schon einige Erfolge vorzuweisen, die es lohnt, sehr wohlwollend zu prüfen:

Welche Rolle spielt Stress bei Depression?

Die Wahrnehmung einer Gefahr löst im Menschen unwillkürlich ein Kampf-Flucht-Verhalten, die sog. Stress-Reaktion, aus. Betrachten wir diese Vorgänge auf neuro-chemischer Basis im Gehirn, so spielt das Corticotrophin-Releasing-Hormon (CRH) eine entscheidende Rolle. Es versetzt den Körper in die Lage, möglichst rasch zu kämpfen oder zu fliehen: Herzfrequenz und Muskeltonus werden erhöht; Appetit, Libido und Verdauung herabgesetzt.

Normalerweise erkennt der Körper, wenn die Gefahr vorüber ist und kehrt zum Ursprungszustand zurück. Nun hat man herausgefunden, dass genau diese Rückkehr zum “Normalzustand” bei Depressiven gestört ist. Verantwortlich dafür ist eine Rezeptorstörung, die mittlerweile recht zuverlässig nachgewiesen und beeinflusst werden kann. Eine Forschergruppe im Max-Planck-Institut München beschäftigt sich intensiv mit der Thematik. Im BR-Interview erläutert die verantwortliche Direktorin Dr. Elisabeth Binder ausführlich und verständlich die Zusammenhänge.

Und nu? Was bringt’s uns als Gesellschaft, als verantwortlichem Manager, Coach, Mitarbeiter, Menschen? Die Idee ist eben die, dass durch frühzeitige Diagnostik und entsprechende Prävention langjährige Erkrankungskreisläufe verhindert und Menschen mit sich und ihren Stressmustern offener und verantwortlicher umgehen lernen. Falls es dennoch zu einer depressiven Episode kommt, kann mithilfe der Forschung die Medikation und die Psychotherapie weit gezielter und individueller ansetzen.

 

Meditation oder kognitive Verhaltenstherapie?

Nach der Diagnostik kommt die Intervention. Welche Maßnahmen eignen sich denn, wenn eine Anfälligkeit auf biochemischer Ebene festgestellt wurde oder ein Mensch bereits an einer Depression oder Angststörung erkrankt ist?

Es gibt zahlreiche Therapieansätze, wobei ich hier besonders eine Meta-Analyse kanadischer und US-amerikanischer Forscher vom August 2013 hervorheben möchte (Khroury et al, 2013), die nachgewiesen hat, dass achtsamkeitsbasierte Verfahren (darunter “MBSR” als eines der bekanntesten und best erforschten Meditationsprogramme) die gleiche Wirksamkeit bei Depression und Angsterkrankungen haben wie eine klassische kognitive Verhaltenstherapie. Es wird also auf breiter Basis (über 12.000 Personen in über 200 Studien) ein weiterer Beweis für die Wirksamkeit der Meditation erbracht.

 

Mein Fazit: Nutzen wir die positiven Effekte der Meditation, konzentrieren wir uns auf den Augenblick, was jetzt zählt, quälen uns nicht mit Schuld und Vergangenheit, sondern mit den Möglichkeiten, die aus der Gegenwart in die Zukunft weisen, nehmen unsere Gefühle und körperlichen Reaktionen ernst und sind dann in der Lage, uns auf unsere Mitmenschen und deren Gefühle und Gedanken einzulassen. Dann wirken manche Situationen vielleicht weniger bedrohlich, weniger stressauslösend und wir sehen ihnen gelassener entgegen.

 

Um es mit Eckard Tolle zu sagen – und nun verlassen wir die naturwissenschaftliche, evidenzbasierte Forschung:

 

Du kannst dich nicht selber finden, indem du in die Vergangenheit gehst.
Du findest dich selber, indem du in die Gegenwart kommst.”

 

Herzlich,

Ihre Nicole Hövel

 

 

PS: Die Info-Links in diesem Beitrag habe ich diesmal alle von der Webseite dasgehirn.info entlehnt, die ich wegen ihrer Seriosität und Verständlichkeit zur Recherche empfehlen mag.

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Nicole
Nicole

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